Das Fürther Startup Futurity zeigt, wie Digitalisierung dazu beitragen kann, eines der drängendsten Probleme der Textilbranche zu lösen: die massenhafte Überproduktion von Kleidung.
Die Textilindustrie zählt zu den größten Umweltsündern weltweit. Allein in der EU fallen jährlich rund 11 Millionen Tonnen Altkleider an – ein Großteil davon wird deponiert oder verbrannt, nur ein kleiner Teil recycelt. Die Gründe: eine mangelnde Entsorgungsinfrastruktur, kaum tragfähige Recyclingverfahren, und die zunehmende Verbreitung von Ultra Fast Fashion, die auf Masse statt auf Qualität setzt. Hinzu kommt, dass auch Retouren aus Online-Bestellungen häufig noch vernichtet wird. Die Folgen sind wachsende Müllberge, hohe CO₂-Emissionen und ein massiver Ressourcenverbrauch – bei gleichzeitig immer kürzeren Lebenszyklen von Kleidungsstücken.
Futurity, gegründet 2022 von Marieke Franzen, geht dieses Problem an der Wurzel an. Das Startup setzt auf On-Demand-Produktion statt auf Massenware: Kleidung soll künftig nur noch produziert werden, wenn tatsächlich eine Nachfrage besteht. Möglich wird dies durch Digitalisierung der Designprozesse: Mithilfe so genannter Render Pipelines werden fotorealistische Modelle von Kleidungsstücken erstellt. Diese können online präsentiert, angepasst und für verschiedenste Medien genutzt werden – vom Katalogbild bis zur Animation. Erst wenn eine bestimmte Menge bestellt wurde, wird produziert. So entstehen keine Lagerbestände, keine unverkauften Kollektionen – und vor allem: kein unnötiger Abfall.
Die Gründerin Marieke Franzen bringt für diese technologische Pionierarbeit wertvolle Erfahrung mit: aus der digitalen Transformationen bei einem Sportartikelhersteller und aus dem Rendering in der Filmindustrie. Mittlerweile ist ihr Team auf acht Personen angewachen, die in New York, Madrid, Tokio und London arbeiten. 2024 wurde Futurity mit dem IHK-Gründerpreis Mittelfranken ausgezeichnet.
Für die Zukunft plant Futurity, organisch weiter zu wachsen und im kommenden Jahr eine Pipeline über die eigene Cloud anzubieten, die für weitere Anwendungsfelder genutzt werden kann. Zudem organisiert das Unternehmen im Herbst 2025 zum zweiten Mal die „Futurity Fashion Convention“ an der Modeakademie JAK in Hamburg.
Was mich am Geschäftsmodell besonders beeindruckt hat: Der Fokus liegt auf Vermeidung statt Verwertung. Denn so wichtig Recycling auch ist – noch besser ist es, wenn erst gar kein Abfall entsteht. Innovative Lösungen wie die von Futurity können hier ein wichtiger Hebel sein.
Gleichzeitig ist aber auch die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen für mehr Nachhaltigkeit in der Branche zu setzen – beispielsweise durch Rezyklatquoten, Vorgaben für die öffentliche Beschaffung sowie verbindlichen Standards für das Design recyclingfähiger, langlebiger, reparaturfreundlicher Kleidung. Die EU-Ökodesignverordnung, seit Juli 2024 in Kraft, ist hier ein wichtiger Schritt. Sie sieht auch ein Vernichtungsverbot für Retouren vor.
Ich danke Marieke Franzen für den spannenden Einblick und die inspirierende Diskussion. Nachhaltigkeit und Digitalisierung gehören zusammen – Futurity zeigt, wie das in der Praxis aussehen kann.
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