Ausschussreise nach Kenia – Zukunftsland, Partner auf Augenhöhe und Impulsgeber für Bayern

Die diesjährige Ausschussreise des Wirtschaftsausschusses des Bayerischen Landtags führte mich nach Kenia – ein Land, das als Tor zu den Wirtschaftsmärkten von Ost- und Zentralafrika gilt und in dem sich sprichwörtlich die ganze Welt begegnet. Internationale Unternehmen, Entwicklungsinstitutionen und Investor*innen sind gleichermaßen präsent. Für uns als bayerische Delegation war es wichtig, Einblicke in die wirtschaftlichen Strukturen, Zukunftsstrategien und gesellschaftlichen Entwicklungen zu erhalten – und gleichzeitig den gemeinsamen Austausch zu vertiefen.

Was sich in allen Gesprächen zeigte: Kenia denkt Zukunftsthemen ganzheitlich – von Digitalisierung über erneuerbare Energien bis hin zu Bildung und Gleichberechtigung. Klimaschutz ist angesichts der spürbaren Folgen der Klimakrise allgegenwärtig und wird sehr ernst genommen. Zugleich war deutlich zu sehen, wie stark der Einfluss Chinas in Afrika ist – ein Signal dafür, dass Europa die Partnerschaft mit Ländern wie Kenia aktiv, verlässlich und auf Augenhöhe gestalten muss, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Tag 1: Wirtschaftlicher Überblick, regionale Entwicklung und Wertschöpfung vor Ort

Der Auftakt der Reise begann mit einem umfassenden Briefing durch die Auslandshandelskammer (AHK) und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage Kenias. Besonders wichtig war der Blick auf lokale Herausforderungen – aber auch auf die Chancen für Kooperationen zwischen kenianischen und bayerischen Unternehmen.

Der anschließende Besuch in Kiambu County, dem zweitgrößten Bezirk Kenias, zeigte eindrucksvoll, wie ernsthaft die Region an der Entwicklung erneuerbarer Energien arbeitet. Hier eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten für bayerische Unternehmen, vor allem im Bereich Technologie und Energieinfrastruktur.

Am Nachmittag besuchten wir ein beeindruckendes Selbstversorgungsprojekt im Stadtteil Kibera. Mit Unterstützung des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen wurden Wasserversorgung, Gemüseanbau und Bildungsprojekte aufgebaut. Besonders bewegend war die Einbindung der Kinder, die nicht nur lernen, wie man Pflanzen pflegt, sondern auch Verantwortung übernehmen. Dürreperioden und der Rückgang internationaler Entwicklungsförderung zeigen gleichzeitig, wie dringend langfristig stabile Unterstützung vor Ort gebraucht wird.

Tag 2: Berufsbildung, Gleichberechtigung und Austausch im Parlament

Der zweite Tag stand im Zeichen der beruflichen Bildung – einem Bereich, in dem Deutschland ein wichtiges Vorbild ist. Das Nairobi National Polytechnic (TNNP) demonstriert eindrucksvoll, wie duale Ausbildung nach deutschem Modell funktioniert: praxisnah, technikorientiert und in enger Kooperation mit Unternehmen. Besonders beeindruckend war ein selbstgebautes Solarauto von Studierenden – ein Beispiel für Kreativität, technische Kompetenz und zukunftsgerichtetes Denken.

Ein ebenfalls zentraler Aspekt in Kenia ist der hohe gesellschaftliche Stellenwert von Bildung insgesamt. Es gibt es eine gesetzliche Schulpflicht, die eine kostenlose Grundschulbildung ermöglicht, und es gibt lokale Programme – teils unterstützt durch internationale Partner –, die Schulmittagessen anbieten und damit entscheidend zur Ernährungssicherheit beitragen. In vielen Gesprächen wurde deutlich, wie sehr Bildung als Motor für Entwicklung verstanden wird.

In der Nairobi County Assembly trafen wir Vertreter*innen des lokalen Wirtschaftsausschusses. Auffällig war der Anteil von Frauen in Verwaltung, Schulen, Behörden und Unternehmen. Seit 15 Jahren ist die Gleichberechtigung gesetzlich verankert, und in Parlament und Politik gibt es sichtbare Bemühungen, den Anteil von Frauen weiter zu steigern.

Tag 3: Erneuerbare Energien, Klimaneutralität und Technologiepartnerschaften

Mit der Leiterin der Kooperationsabteilung der deutschen Botschaft sprachen wir über die wirtschaftliche Entwicklung Kenias, Strategien zur Korruptionsbekämpfung und die Integration von Geflüchteten aus Somalia und der DR Kongo.

Ein zentraler Schwerpunkt war die Energieversorgung: 90 % von Kenias Strom stammen aus erneuerbaren Quellen – ein beeindruckender Wert. Deshalb führte unsere Reise zum Geothermiekraftwerk Olkaria am Naivasha-See, dem größten seiner Art in Afrika. Hier wird Strom aus Geothermie, Wasserkraft, Wind und Sonne erzeugt – unterstützt durch Technologie und Beratung aus Deutschland und Europa.

Mit Octavia Carbon gibt es zudem ein Unternehmen, das CO₂ direkt aus der Atmosphäre entnimmt und speichert – ein Zukunftsfeld von globaler Relevanz. Die Offenheit und Innovationsfreude, mit der in Kenia über Klimaneutralität und Nachhaltigkeit gesprochen wird, ist vorbildlich und inspirierend.

Tag 4: Kreislaufwirtschaft, Duale Ausbildung und Begegnungen in der Botschaft

Der Besuch bei Krones in Nairobi, einem weltweit tätigen deutschen Unternehmen, zeigte, wie erfolgreich deutsche Technologie und Arbeitgeberkultur in Kenia verankert sind. Krones setzt konsequent auf Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft – und betreibt gleichzeitig einen beeindruckenden Ausbildungsbereich nach deutschem Vorbild, in dem junge Kenianer*innen dual ausgebildet werden und sogar Deutsch lernen.

Den Tag beschlossen wir mit einem Austausch in der deutschen Botschaft. Besonders inspirierend war das Gespräch mit einer jungen kenianischen Projektleiterin bei Krones, die als alleinerziehende Mutter eine beeindruckende Karriere aufgebaut hat.

Tag 5: Industrie, Automobilsektor und eine Stadt der Zukunft

Am letzten Tag besuchten wir die Kenya Vehicle Manufacturers (KVM), den wichtigsten Fahrzeugmontagestandort des Landes. Die Produktion von Trucks und Bussen schafft lokale Arbeitsplätze und stärkt die heimische Wertschöpfung. KVM arbeitet unter anderem mit Bosch und MAN zusammen – ein weiteres Beispiel für erfolgreiche wirtschaftliche Partnerschaft.

Ein besonderes Highlight war Tatu City, die erste Sonderwirtschaftszone Kenias. Was früher Kaffeeplantagen waren, ist heute ein moderner, wachsender Lebens- und Wirtschaftsraum mit Wohngebieten, Schulen, Industrie und eigenem Lebensraum für Wildtiere. Niedrigere Steuern und bezahlbarer, erneuerbarer Strom machen den Standort attraktiv für Unternehmen – auch aus Bayern.

Kenia ist ein Zukunftsland – und ein Partner, den Bayern auf Augenhöhe begleiten sollte

Diese Ausschussreise hat eindrucksvoll gezeigt:

  • Kenia ist wirtschaftlich hochdynamisch und digital weit voraus, etwa durch die Digitalisierung der Verwaltung.
  • Erneuerbare Energien und Klimaschutz werden konsequent verfolgt – aus Überzeugung und aufgrund der spürbaren Auswirkungen der Klimakrise.
  • Bildung ist ein entscheidender Schlüssel, und duale Ausbildung nach deutschem Vorbild gewinnt an Bedeutung.
  • Gleichberechtigung von Frauen ist gesetzlich verankert und gesellschaftlich sichtbar.
  • Der Einfluss Chinas ist groß – umso wichtiger ist eine starke europäische Präsenz.
  • Wertschöpfung vor Ort ist ein politisch wichtiges Ziel.

Kenia ist auf einem guten Weg – und diese Entwicklungen verdienen partnerschaftliche Begleitung, Respekt und Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Die Reise hat wertvolle Impulse geliefert, Perspektiven eröffnet und gezeigt, wie viel Potenzial in einer engeren wirtschaftlichen und politischen Kooperation liegt. Ich freue mich darauf, diesen Austausch weiterzuführen.

Artikel kommentieren

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch diese Website einverstanden. Entnimm Weiteres bitte der Datenschutzerklärung.