Ein „Hälfte-der Macht-Gesetz“ für Bayern 28. Februar 202328. Februar 2023 Die Hälfte unserer Gesellschaft ist weiblich. Dennoch sind Frauen in Bayern in Wirtschaft, Verwaltung und Politik nach wie vor nur zu einem weit geringeren Teil an der Macht beteiligt. Das heißt, dass an den Orten, wo wichtige und auswirkungsreiche Entscheidungen getroffen werden – zum Beispiel die Verteilung von öffentlichen Geldern und Ressourcen – die weibliche Perspektive und Mitbestimmung fehlt. Wir GRÜNE können das nicht hinnehmen! Als Teil der feministischen Bewegung kämpfen wir für echte Gleichberechtigung in allen Bereichen. Damit sich dieser Missstand zumindest im Bayerischen Landtag und dem bayerischen Kabinett ändert, legen wir jetzt ein „Hälfte-der-Macht-Gesetz„ vor, das durch Änderungen im Wahlrecht einen hälftigen Frauenanteil im Parlament sicherstellen soll. Wir Grüne sorgen so für mehr Gerechtigkeit und Gleichberechtigung in der Politik und setzen uns für Bayerns Frauen ein.Stimmkreis-Duos und abwechselnd besetzte ListenUnser Gesetzentwurf orientiert sich zum einen hinsichtlich der Wahl der Direktabgeordneten an Regelungen, wie sie bspw. in Frankreich gelten. Außerdem setzt er auf eine geschlechterparitätische Mandatszuteilung für Mandate, die über Wahlkreislisten in den Bayerischen Landtag verteilt werden. Das sind die wesentlichen Eckpunkte des Gesetzentwurfs:In jedem Stimmkreis werden zwei Abgeordnete – ein Stimmkreis-Duo – direkt in den Landtag gewählt. Um die Anzahl an Abgeordneten stabil zu halten werden immer zwei Stimmkreise zu einem zusammengefasst (künftig gibt es 44 statt 91 Stimmkreise). Dieses Duo besteht aus einer Frau und einem Mann. Die Wähler*innen haben daher künftig 2 Erststimmen. Es können innerhalb eines Stimmkreises auch zwei Kandidierende unterschiedlicher Parteien gewählt werden. So wird die Zahl der Direktmandate für Frauen angehoben und die Wahlfreiheit der Wähler*innen gesteigert.Nach Auszählung der bei einer Landtagswahl abgegebenen Stimmen werden alle weiteren Sitze im Landtag, die einer Partei v.a. über die Zweitstimme (Listenmandate) zustehen, geschlechterparitätisch verteilt. Dazu werden die Sitze abwechselnd auf die Kandidatin mit der jeweils höchsten Stimmzahl und dann auf den Kandidaten mit der jeweils höchsten Stimmzahl verteilt. So soll sichergestellt werden, dass nicht nur über die Erststimme, sondern auch über die Wahlkreislisten ein höherer Anteil Frauen in den Landtag gewählt wird.Um intergeschlechtlichen Personen Rechnung zu tragen, werden stets auch Personen, die sich als inter* identifizieren, für alle Kandidaturen zugelassen. Das heißt, Personen mit der Geschlechtsbezeichnung „divers“ oder ohne Geschlechtseintrag können wählen, für welchen Teil des Stimmkreisduos sie kandidieren. Auch bei der paritätischen Mandatszuteilung der Listenmandate werden sie berücksichtigt. In der Bayerischen Verfassung wird festgelegt, dass die Hälfte der Mitglieder der Staatsregierung weiblich sein muss. Derzeit sind lediglich 27 Prozent der gewählten Abgeordneten des Bayerischen Landtags Frauen. Nach der Wahl 2013 waren es ca. 28 Prozent. Der Frauenanteil im Landesparlament ist damit zum zweiten Mal in Folge gesunken. Und in der Bayerischen Staatsregierung stellen Frauen 5 von 18 Kabinettsmitgliedern (27,8 Prozent). Diese Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit für ein „Hälfte-der-Macht-Gesetz“, das die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der bayerischen Landespolitik fördert und institutionell absichert. Außerdem verlangen das Grundgesetz und unsere Bayerische Verfassung, dass der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt (Art.118 Abs.2, S.2 Bayerische Verfassung). Das gilt auch für die Teilhabe an unserer Demokratie und das Wahlrecht.Verfassungsänderung erforderlichDer Gesetzentwurf sieht Änderungen an drei Artikeln der Bayerischen Verfassung vor, über die nach einem Zwei-Drittel-Beschluss des Parlaments die Bürger*innen abstimmen können. Sie umfassen die notwendige Stimmkreisreform sowie die Absicherung eines hälftigen Anteils von Frauen unter den Mitgliedern des Landtags und der Staatsregierung. Darüber hinaus müssen für die praxisgerechte Umsetzung unseres Vorhabens mehrere Artikel des Landeswahlgesetzes angepasst werden. So sollen in Zukunft jeder Wählerin und jedem Wähler jeweils drei Stimmen zur Verfügung stehen, mit der je eine weibliche/diverse Stimmkreiskandidatin und ein männlicher/diverser Stimmkreiskandidat (Erststimmen) sowie eine Person eines Wahlkreisvorschlags (Zweitstimme) gewählt werden können. Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende: „Wir kämpfen für echte Gleichberechtigung im Parlament und im Kabinett – denn die Hälfte der Macht gehört den Frauen. Frauen sind die Hälfte der Gesellschaft, es ist endlich an der Zeit, dass sie entsprechend ihres Bevölkerungsanteils an den politischen Entscheidungen beteiligt werden. Seit Jahren sehen wir, dass Freiwilligkeit alleine nicht ausreicht. Das Grundgesetz fordert uns zum Handeln auf, es braucht eine Änderung im Wahlrecht, denn ich möchte nicht weitere 100 Jahre auf Parität in den Parlamenten warten. Paritätisch besetzte Parlamente haben die Belange aller Menschen im Blick, sie treffen bessere und nachhaltigere Entscheidungen.“Eva Lettenbauer, frauenpolitische Sprecherin: „Hälfte der Macht ist schnell gesagt. Es reicht aber nicht einfach Ziele auszugeben. Politik ist dafür verantwortlich den über 6 Millionen Frauen in Bayern am Ende die Hälfte der Macht zuzusichern. Dafür wollen wir das Wahlrecht ändern, die Verfassung konkretisieren und damit die Rahmenbedingungen für echte Teilhabe für die Hälfte der Bevölkerung schaffen.“Gutachten bekräftig grüne RechtsansichtUnser Gesetz geht zurück auf ein von uns in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Prof. Dr. Silke R. Laskowski, Rechtsprofessorin an der Universität Kassel. Sie ist spezialisiert auf die Themen Wahlrecht und Parität und ist Mitglied der Wahlrechtskommission des Bundestags.Der Gesetzentwurf wurde Mitte Februar eingereicht und wird in den kommenden Wochen in erster Lesung im Plenum des Bayerischen Landtags aufgerufen.
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