Winterklausur 20.-22. Januar 2021: „Yes, we care: Den Dienst am Menschen aufwerten!“

Ob in der Kita, bei der Pflege von Eltern und Großeltern, der Betreuung und Förderung von Menschen mit Behinderungen, Beratung in Notlagen, Streetwork oder Hilfen zur Erziehung in schwierigen Familienphasen: Irgendwann in unserem Leben sind wir alle auf Care-Arbeit und damit auf Fachkräfte der Pflege, frühkindlichen Bildung und Kinder- und Jugendhilfe angewiesen. Sie sind unverzichtbar für den sozialen Zusammenhalt und letztlich das Funktionieren unserer Gesellschaft. Durch die Corona-Pandemie sind die großen Belastungen für unsere Fachkräfte offen zutage getreten. Wir müssen jetzt Care-Arbeit gerechter und zukunftsfähiger organisieren und finanzieren, statt nur Boni zu verteilen und Beifall zu klatschen. Wir Grüne möchten in Bayern die Länderkompetenz für die Gesundheits- und Erziehungsberufe nutzen und deren Ansehen und Attraktivität steigern. Wir treten ein für

  • eine stärkere gesellschaftliche Anerkennung und angemessene Arbeitsbedingungen in sozialen Berufen,
  • Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt jenseits des Klischees der klassischen „Frauenberufe“ und
  • die Wahrnehmung von Care-Berufen als anspruchsvolle Professionen, die weit mehr erfordern als Hilfsbereitschaft und Herz.

Das Papier findet ihr hier! Und unsere Auftakt-Pressekonferenz könnt ihr hier nachhören!


Soziale Berufe stärken

Vortrag von Prof. Dr. phil. Barbara Thiessen, Prodekanin Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Landshut

Für sie ist wichtig, dass wir GRÜNE die dramatische Care-Krise, die schon lange da ist und durch die Pandemie verstärkt wird, diskutieren und sichtbar machen. Ihre Statements:
1. Auch jenseits der Kinder- und Jugendhilfe, also beispielsweise alles, was mit Drogen und Suchtkranken, Gemeinwesenarbeit, Ehrenarbeit oder Obdachlosen zu tun hat, gibt es seit langem Probleme, die sich zuspitzen und neu angegangen werden müssen.
Neue Kompetenzen sind gefordert, werden aber nicht finanziert und gefördert, gleichzeitig findet aber eine Ökonomisierung der Arbeit statt, was sich fatal auswirken wird.

2. Bezogen auf die sozialen Berufe und Pflege, heißt das: Politik hat zwar die Berufsfelder anerkannt, allerdings ist der Begriff der Systemrelevanz schwierig, wenn nur geklatscht wird. Wir brauchen eine angemessene Form der Ankerkennung. Diese Berufsfelder sind schon lange unterbesetzt und werden jetzt noch verstärkt durch die Pandemie, dass muss jetzt angegangen werden, sonst werden wir nach der Pandemie starke Probleme bekommen.
Auch schwierig: Menschen, die mit Suchtkranken, Wohnungslosen oder psychisch Kranken arbeiten, haben keine Impfpriorisierung, das muss sich ändern.

3. Was anders werden muss, ist die klare Erkenntnis, dass diese Berufe kein Kostenfaktor sind, sondern Garanten dafür, dass Wirtschaft überhaupt funktioniert und dass sozialer Zusammenhalt durch sie gestiftet wird. Der Care-Bereich darf nicht für die Erwirtschaftung von Renditen benutzt werden, sondern muss als Teil der Daseinsvorsorge mit öffentlichen Mitteln finanziert werden.

Hier ihr Vortrag zum Download

Gute Gesundheitsversorgung für alle

In unserem zweiten Fachvortrag des Tages beschäftigten wir uns mit dem Thema Gesundheitsversorgung mit dem namhaften Experten Prof. Dr. med. Reinhard Busse, MPH FFPH, Professor für Management im Gesundheitswesen an der Fakultät Wirtschaft und Management der Technische Universität Berlin und Co-Director des European Observatory on Health Systems and Policies. Die Gesundheitsversorgung ist europaweit nur schwer zu vergleichen aber trotzdem notwendig. Auch gibt es bislang relativ wenig Evidenz zur Frage der Wirkung der Krankenhausvergütung in Deutschland auf Menge, Qualität, und Wettbewerb. Sein Statement, dass Personal das A und O ist, verdeutlicht einmal mehr die Notwendigkeit ordentlicher Arbeitsbedingungen und Vergütung. Vergleiche mit anderen Ländern sollten selbstverständlicher und regelmäßiger werden. Wir müssten uns eingestehen, dass wir zwar Stärken haben, diese aber eher „weicher“ Natur sind und, dass wir zu viele Strukturen vorhalten, zu viele Fälle und Behandlungen haben bei gleichzeitig niedriger Personalausstattung (pro Bett bzw. pro Fall).

Der Vortrag von Dr. Busse „Das deutsche Gesundheitssystem nach Corona: 10 Thesen zum Veränderungsbedarf“ hier zum Download

Im europäischen Vergleich sind sowohl Patient*innen als auch Personal sehr unzufrieden. Sein Fazit: Notwendig ist ein Umdenken hin zu weniger Strukturen und Prozessen – bei relativ besserer (und absolut gleicher) Personalausstattung mehr Qualität & Kosten-Effektivität.

Pflegepolitik

Ein Vortrag von Prof. Dr. rer. cur. Michael Boßle, MSc., Professor und Studiengangleitung Pflegepädagogik an der TH Deggendorf
Dr. Boßle zielt auf einige Aspekte in der Pflegepolitik ab und hat konkrete Forderungen an die Politik:

  • Feinfühligkeitsdefizite abstellen: die vulnerabelste Berufsgruppe in der Gesellschaft hat eine anerkennende Ansprache verdient, Dank allein genügt nicht
  • Gesetzliche Maßnahmen ergreifen, um grenzenloser Profitmaximierung im Gesundheitswesen zu begegnen
  • Würdigung der Berufsgruppe mit sozialen Entlastungsmaßnahmen wie steuerlichen Befreiungen, Vorteilen in der Sozialversicherung bzw. Minderung von Sozialbeiträgen (bei gewisser Berufszugehörigkeit, steigend)
  • Einführung eines Pflegesolis zur Refinanzierung und Steigerung der Verdienstmöglichkeiten der professionell Pflegenden
  • Einsatz für eine echte Pflegeberufekammer: der Korpus von Pflegearbeit braucht berufseigenen Schutz- und Qualitätsrahmen, der politisch in den Gremien mündig vertreten wird (mit Stimmrechten!), einer Jahrhunderte alten Entmündigungskultur der professionellen Pflege endlich! ernstzunehmend begegnen
  • Einsatz für die Akademisierung in der Pflege: politischen Druck entwickeln zur Einführung pflegewissenschaftlicher Lehrstühle an Universitäten mit Promotionsrecht, Stipendienprogramme für begabte oder benachteiligte Studierende ausloben
  • Unterstützung der Praxis mit Auslobung von Best Practice Ausschreibungen (Stichwort: Skill- and Grademix, Mitarbeiterbindung, Programme zur Verbesserung der Situation von Beruf und Familie u.a.)

Berichterstattung zum Tag 1 unserer Klausur:
BR: Bessere Bedingungen für Sozialberufe
SAT1 Bayern: Soziale Berufe stärken
Mittelbayerische Zeitung: Mehr Lohn, mehr Personal: Grüne wollen Sozialberufe stärken
Süddeutsche Zeitung: Grüne: Pandemie-Politik von „Versagen“ geprägt

Berichterstattung zum Tag 2 unserer Klausur:
Süddeutsche Zeitung: Grünen-Fraktion beendet Winterklausur
IDOWA: Mehr Lohn, mehr Personal: Grüne wollen Sozialberufe stärken
Süddeutsche Zeitung: Grüne: Pandemie-Politik von „Versagen“ geprägt
ZEIT: Grünen-Fraktion beendet Winterklausur

Berichterstattung zum Abschluss unserer Klausur:
Süddeutsche Zeitung: Der einst so große Abstand zur CSU scheint kleiner zu werden
ZEIT: Grüne wollen soziale Berufe aufwerten
SAT1 Bayern: Bayerns Grüne beenden Klausur: Chancen aufs Kanzleramt?
BR (ab Minute 15:54): Grüne beenden Winterklausur
BR24: Politiker im Homeoffice: Digitale Klausurtagung – wie lief’s?
BR Rundschau live mit Katharina Schulze: „Wir setzen auf Grün pur“

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