Besuch bei der Deutschen Post DHL Group in Germering

Letzte Woche war ich gemeinsam mit meinem wirtschaftspolitischen Kollegen im Bundestag Dieter Janecek bei der Niederlassung München der Deutschen Post DHL Group in Germering zu Besuch. Dort konnten wir nicht nur jeweils bei einem Zusteller mitfahren, wir hatten auch die Gelegenheit, uns ausführlich mit Leiterin der Niederlassung Bettina Altschäffl, dem Betriebsratsvorsitzenden Roberto Tondo und Rolf Büttner von ver.di auszutauschen.

Die Niederlassung München

Aus der Zustellbasis in Germering werden bislang nur Pakete zugestellt, jedoch wird aktuell direkt nebenan ein neues Briefzentrum gebaut, das auch die Briefzustellung für den gesamten Großraum München übernimmt. Zurzeit geschieht das aus der Paketposthalle nahe dem Hirschgarten und einer weiteren Einrichtung in Starnberg. Die Niederlassung München ist bei Paketen zuständig für die Postleitzahlen 80xxx-83xxx, was ein riesiges Gebiet zwischen Augsburg und Berchtesgaden abdeckt und insgesamt etwa 1,75 Mio. Haushalte umfasst. Insgesamt sind in dem gesamten Gebiet über 4.400 Personen beschäftigt. In Germering arbeiten etwa 120 Mitarbeiter*innen in der Paketzustellung, davon ein Großteil Männer, was vor allem an den teils sehr schweren Paketen liegt, die jeden Tag getragen werden müssen. Pro Tag rollen in zwei Schichten 223 elektrisch betriebene Streetscooter aus der Paketzustellbasis aus. Dabei wird das Paket bei Ankunft, Sortierung und Verladung in den Transporter jeweils elektronisch erfasst.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Logistik

Die Deutsche Post DHL Group ist ein überragender Vorreiter in Hinsicht auf Nachhaltigkeit in der Logistikbranche. So wird die CO2-Bilanz bei Briefen bereits heute vollständig kompensiert und auch bei Paketen werden allein in diesem Jahr 600 Mio. Euro in Nachhaltigkeit und Klimaschutz investiert. Mit dem eigens entwickelten Streetscooter hat die Post über mehrere Jahre eine Flotte an E-Nutzfahrzeugen aufgebaut, womit sie der etablierten Automobilindustrie viele Jahre voraus war. Auch wenn die Produktionsfirma inzwischen verkauft wurde, laufen die Verträge weiter, sodass bis 2025 deutschlandweit die Flotte von aktuell 20.000 auf 38.000 vergrößert werden soll. Bei kleineren Paketen und in der Briefzustellung werden hingegen überwiegend E-Trikes eingesetzt, Lastenräder mit elektrischer Unterstützung. Für die Langstrecken möchte die Post verstärkt auf den Schienentransport setzen, allerdings dauert hier der Infrastrukturausbau lange und es kann teilweise zu Verzögerungen kommen. Wer ein Paket direkt über die DHL verschickt, kann einen Versand über den Schienenweg als kostenlose Option angeben, was allerdings zu einer Verzögerung der Zustellung von ein oder zwei Tagen führen kann. Klimafreundlicher ist dies aber auf jeden Fall. Für die Strecke Hamburg-München werden auch immer noch Frachtflugzeuge verwendet, da sonst die Zustellzeit nicht eingehalten werden kann. Hier sollte eine Debatte angeregt werden, ob man dies nur noch in Ausnahmefällen gegen Zuzahlung durchführen sollte, da in den allermeisten Fällen eine Verzögerung der Zustellung um einen Tag unproblematisch ist. Grundsätzlich müssen wir jedoch dafür sorgen, dass Investitionen in Nachhaltigkeit nicht zum Wettbewerbsnachteil werden.

Ein weiterer Punkt, der zur Nachhaltigkeit mitreinspielt, ist die generelle Minimierung von Transportwegen. Die wohl effektivste Maßnahme wäre die Einführung von kostenpflichtigen Rücksendungen. Dies wird auch von der Belegschaft der Post unterstützt, da die Mengen enorm hoch sind. Rücksendungen sind für den Handel und die Logistikunternehmen eher eine Belastung, jedoch müsste eine solche Maßnahme möglichst abgestimmt in der gesamten Branche inklusive der Händler eingeführt werden, da man sonst enorme Wettbewerbsnachteile fürchten muss. Die zweite Möglichkeit, Transportwege abzukürzen, ist die verstärkte Nutzung von Packstationen. Durch die Abholung der Pakete an nahegelegene Packstationen, spart sich die Post den Weg zu den einzelnen Haushalten. Die Packstationen werden mit Solarmodulen betrieben und können auch zur Aufgabe von Paketsendungen genutzt werden. Die Post würde gerne deutlich mehr Packstationen errichten, allerdings fehlt vor allem in vielen Städten der Platz. Dazu werden wir mit unseren Kolleg*innen aus der Lokalpolitik sprechen, um nach Lösungen zu suchen.

Das neue Briefzentrum steht ebenfalls unter der Maßgabe von Nachhaltigkeit. Weil einige Anwohner*innen gegenüber dem Neubau skeptisch gegenüberstanden, kam es zu ausführlichen Rücksprachen mit der Gemeinde, sodass nun ein Entwurf umgesetzt wird, der ebenfalls auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Neben großen Photovoltaikanlagen ist auch umfangreiche Fassadenbegrünung geplant. Das Gebäude selbst wird in Holzhybridbauweise errichtet und wird Ladeinfrastruktur für die eigenen Fahrzeuge sowie nach Möglichkeit auch für die Mitarbeiter*innen bereitstellen. Außerdem sind zwei Kita-Gruppen geplant, um Frauen im Betrieb besser zu entlasten und intern zu fördern. Gemeinsam mit der Gemeinde Germering wird außerdem noch verhandelt, wie eine bessere Anbindung mit dem ÖPNV gelingen kann, da bisher nur eine einzige Busverbindung vorhanden ist. Zusätzlich entsteht noch eine Radstation, um auch auf diese Art einen nachhaltigen Arbeitsweg zu ermöglichen.

Tarifbeschäftigung und Arbeitsbedingungen

Neben Nachhaltigkeit waren uns auch die Anliegen der Beschäftigten wichtig. Grundsätzlich ist sich der Betriebsrat mit der Leitung in den meisten Punkten einig und drängt teilweise sogar zu noch ehrgeizigerem Vorgehen in der Unternehmensstrategie. Die Belegschaft ist sich der Konkurrenz wohl bewusst und berücksichtigt das auch in ihren Forderungen. So plädiert sie u.a. für eine uneingeschränkte Beibehaltung der 6-Tage-Zustellung in der Woche. Inzwischen ist auch das Problem mit der Befristung von Arbeitsverträgen weitestgehend behoben worden, ebenso erfolgt die Zustellung fast ausschließlich (98%) mit eigenen Leuten, also ohne Beteiligung von Subunternehmen. Das dichte Tracking der Pakete hat zu Beginn teilweise für Missfallen gesorgt, allerdings wurde uns versichert, dass diese Daten nicht für die Überwachung der Beschäftigten eingesetzt werden. Das ist auch gesetzlich und in einer Betriebsvereinbarung ganz klar geregelt. Die Leute werden überwiegend fest nach Arbeitszeit und Tariflohn bezahlt, die Zahl der Pakete spielt da keine Rolle. Das wäre auch nicht möglich, da jeder Zustellbezirk ganz unterschiedlich ist und in einem Hochhaus deutlich schneller viele Pakete zugestellt werden können als in einer ländlichen Gemeinde. Meist bekommen die Mitarbeiter*innen einen festen Bezirk zugeteilt. Falls es Probleme gibt, diesen in der Arbeitszeit vollständig abzuarbeiten, können sie das ohne Probleme rückmelden. Beamte gibt es hingegen nur noch wenige, daher ist die Einhaltung der Tarifverträge ein ganz zentraler Punkt.

Aber dennoch gibt es auch viele Anregungen. So werden die Pakete in den letzteren Jahren immer schwerer und kommen immer häufiger an das Maximalgewicht von 31,5kg ran. Insbesondere seit Corona bestellen viele Leute größere Artikel aus Baumärkten wie Gartenerde und haben diese Gewohnheit beibehalten. Das ist eine große Belastung für die Zusteller*innen, weshalb sie gerne eine einheitliche Regelung für Maximalgewichte bei Paketen für die gesamte Branche durchsetzen möchten, um hier für fairen Wettbewerb zu sorgen. Allerdings ist der Weg über die Berufsgenossenschaften schwierig, weil hier z.B. auch Speditionsunternehmen vertreten sind, deren Geschäftsmodell auf solchen Lasten basiert. Sollte dieser Weg scheitern, müssen wir in der Politik nach einer geeigneten Lösung suchen. Grundsätzlich muss in vielen Fragen abgewogen werden zwischen den Interessen der Unternehmen und der Kund*innen. Das gilt sowohl für die Länge der Zustellungszeit als auch für Paketgewichte sowie Zustell- und Rücksendegebühren. Denn die Preise für Briefe und Pakete sind in Deutschland im europäischen Vergleich immer noch sehr gering, die Löhne hingegen sind vergleichsweise hoch. Doch jede Entscheidung eines einzelnen Unternehmens führt möglicherweise zu einem Wettbewerbsnachteil, weshalb hier eine gemeinsame Lösung erforderlich ist.

Das Problem mit Amazon

Wenn es um Wettbewerb geht, kommt man an dem Elefanten im Raum nicht drum herum. Amazon ist der größte Versandhändler in Europa und hat inzwischen auch einen eigenen Lieferdienst, gilt jedoch nicht als Paketdienstleister. Viele Produkte werden noch über andere Logistikunternehmen versendet, so auch über DHL. Allerdings macht es sich Amazon hier sehr einfach, da sie vor allem dann Pakete über die DHL schicken, wenn sie selbst personelle Engpässe haben. Zudem werden dann vorzüglich Pakete aussortiert, die im Verhältnis zum Aufwand wenig Gewinn bringen. Grundsätzlich ist das für DHL in Ordnung, jedoch ist die Anzahl der Pakete unvorhersehbar und schwankt erheblich, was die interne Betriebskoordination deutlich erschwert. Denn umgekehrt kann DHL nicht einfach Pakete an andere abschieben, wenn sie zu viele haben. Außerdem nutzt Amazon anders als die DHL Subunternehmen, um die Personalkosten zu drücken. Zusätzlich wird Amazon immer noch nicht so besteuert, wie es bei allen anderen Unternehmen der Branche passiert. Auch in dieser Hinsicht ist Amazon also ein unregulierter Player, der für allerlei Probleme sorgt. Hier werden wir weiter ganz genau hinschauen und ggf. Maßnahmen ergreifen.

Personalsituation

Die Post bildet auch aus, hat jedoch ebenfalls Probleme, genügend geeignete Personen zu finden. Wenn man jedoch einmal im Betrieb ist, stehen einem viele Möglichkeiten offen. Auch die Führungspositionen stehen den Mitarbeiter*innen offen, ohne dass Zusatzabschlüsse oder ähnliches notwendig wären. Sehr stolz ist man auch auf die Vielfalt der eigenen Belegschaft. In der Niederlassung München haben etwa 40% haben einen Migrationshintergrund mit insgesamt 97 Nationalitäten. Auch Geflüchtete wurden und werden eingestellt. Die Integration klappt in der Regel sehr gut, sobald die Sprachbarrieren einigermaßen abgebaut sind. Ein großes Problem ist jedoch auch hier der knappe und teure Wohnraum. Leider gibt es kaum noch Werkswohnungen, sodass die Beschäftigten sich den Regeln des Münchner Wohnungsmarktes fügen müssen.

Fazit

Alles in allem war der Besuch äußert interessant und informativ. Wir waren von vielem sehr positiv überrascht und haben beide eine Menge mitgenommen, auch für unsere politische Arbeit. Ich habe zum Beispiel zugesagt, mich für ein bayerisches Vergabegesetz einzusetzen, das bei der Vergabe von Aufträgen nicht nur den Preis, sondern auch andere Faktoren wie Tarifbindung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz berücksichtigt. Es gibt eine ganze Menge Regelungsbedarf in der Logistikbranche und wir werden weiterhin im engen Austausch bleiben, um bei Bedarf auch politische Maßnahmen voranzubringen, damit die Transformation gelingt.

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