Besuch bei Dr. C. Soldan

Am Montag war ich bei der Firma Soldan eingeladen. Das Familienunternehmen mit Sitz in Adelsdorf ist vor allem berühmt für das Hustenbonbon Em-eukal. Auch wenn die Familie in der über 120-jährigen Geschichte des Unternehmens viele verschiedene Dinge ausprobiert hat, sind seit der Erfindung des Em-eukal im Jahr 1923 Bonbons mit gesundheitsfördernder Wirkung der Schwerpunkt geblieben. Das markante Erkennungszeichen, die Fahne, hatte tatsächlich einmal den praktischen Sinn, dass das Bonbon entwickelt werden kann, ohne es direkt berühren zu müssen. Das war vor allem für Menschen, die im Bergbau arbeiteten und das Bonbon gegen Staublungen verschrieben bekamen, sehr nützlich. Das Unternehmen wird heute von Perry Soldan geführt, hat etwa 230 Beschäftigte und gehört zu den führenden Marken in seinem Bereich.

Auch wenn es einem nicht sofort einfallen würde, auch bei Hustenbonbons und ähnlichen Produkten ist die Konkurrenz und der Preisdruck massiv. Über ein Drittel der Verkäufe findet in Apotheken statt, wodurch diese einen zentralen Baustein im Vertrieb darstellen. Allerdings wird von den großen deutschen Handelsketten massiv Druck aufgebaut. Daher ist die Vernetzung und Zusammenarbeit mit den Verbänden hier sehr wichtig, da nur diese dem Druck etwas entgegensetzen können.

Weitere Probleme liegen vor allem in der Frage der richtigen Kennzeichnung und Maßgaben für Lebensmittel. Hustenbonbons gehören zu Süßwaren, haben allerdings auch wegen ihrer lindernden Wirkung bei Husten und Halsschmerzen quasi medizinische Anwendungen. Insofern ergibt sich ein Spannungsverhältnis zwischen reinem Nutzen der Nährwerte und dem Nutzen der ätherischen Öle und ähnlichen Stoffen. Die EU verbietet eine Bezeichnung, die einen Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit impliziert oder suggeriert, es sei denn, es wurde ausdrücklich zugelassen. Das Hustenbonbon wurde daher durch eine Ausnahmeregelung davon ausgenommen, sofern sie entsprechende Inhaltstoffe enthalten. Es gibt auch zurzeit keinerlei Bestrebungen, dies zu ändern.

Der Nutri-Score, der zurzeit auf freiwilliger Basis verwendet wird, hat hier mehrere Probleme. Er erfasst die Nährwerte und teilt die Produkte so in die Kategorien ein. Aufgrund ihres hohen Zuckeranteils fallen klassische Hustenbonbons daher meist in die zweitschlechteste Kategorie. Außerdem bemisst der Nutri-Score die Lebensmittel anhand der Inhaltsstoffe pro 100 Gramm. Da Hustenbonbons jedoch nur in kleinen Mengen verzehrt werden – die gesamte Standardpackung enthält nur 75g – ist eine solche Angabe eher irreführend. Das Unternehmen würde sich daher wünschen, dass vor allem die Portionsgröße (=4 Bonbons) zum Maßstab wird. Außerdem wäre es für alle Unternehmen eine Erleichterung, wenn ein solches System in der EU vereinheitlicht würde, da sonst je nach Land unterschiedliche Kennzeichnungen und damit Verpackungen verwendet werden müssen.

Das Thema Verpackungen ist auch für Nachhaltigkeitsaspekte wichtig. Von der Politik wird der Umstieg auf umweltverträgliche Verpackungen vorgegeben und schrittweise vorangetrieben. Daher wurde bei Soldan auch ein Versuch mit einer Verpackung mit höherem Papieranteil durchgeführt. Im Lebensmittelbereich liegt die Hauptschwierigkeit bei Verpackungen in der Barrierefunktion, also der Abweisbarkeit von Schmutz, Wasser und anderen Stoffen, die sich auf die Qualität und Haltbarkeit der Lebensmittel auswirken können. Daher können nicht alle Verpackungen ohne Kunststoff auskommen, eine Reduktion wird allerdings nicht nur von der Politik, sondern auch von den meisten Unternehmen angestrebt. Jedoch gibt es gerade im Bereich der Verpackungsmaterialien immer mehr Lieferengpässe, die viele Unternehmen stark einschränken. Grundsätzlich gibt es auch das Problem, dass auf den Verpackungen so viele Angaben gemacht werden müssen, dass eine generelle Reduktion des Verpackungsmaterials gar nicht möglich ist. Zusätzlich muss bei jeder Änderung in der Kennzeichnungspflicht oder beim Produkt eine neue Verpackung produziert und Lagerbestände entsorgt werden. Eine Möglichkeit wäre hier, über QR-Codes Kennzeichnungen und Angaben zugänglich zu machen, ohne dass sie auf der Verpackung stehen müssen. Für Verbraucher*innen ist das allerdings natürlich ein bisschen umständlicher. Hier ist es wichtig, dass die Politik mit den Verbänden und Unternehmen gemeinsam Lösungen entwickelt, denn ein nachhaltiger Umbau geht nur mit Zusammenarbeit.

Ein sehr heikles Thema ist das Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel gegenüber Kindern. Dies ist ein erklärtes Ziel der Ampel-Koalition auf Bundesebene und eine langjährige Forderung von verschiedenen Verbänden sowie der WHO. Viele Süßwarenproduzenten haben spezielle Produkte für Kinder entwickelt, die auch entsprechend zielgruppenspezifisch vermarktet werden. Die Werbung ist zudem von enormer Bedeutung für den Absatz der Unternehmen. Für uns ist klar, dass Kinder nicht durch Werbung zum Konsum von Lebensmitteln mit enormen Mengen von Zucker und Fetten angeregt werden sollen. Jedoch gibt es bei vielen Marken – wie bei Soldan – auch zuckerfreie Produkte, wo meist Zuckeraustauschstoffe zum Einsatz kommen. Daher wurde ich gebeten, mich dafür einzusetzen, dass für diese Produkte das Werbeverbot nicht in Kraft tritt. Das ist auf jeden Fall ein Thema, dass ich mit meinen Kolleg*innen im Bundestag besprechen werde. Ich denke, dass es auch hier eine Lösung geben kann, die sowohl unsere Kinder schützt als auch die Unternehmen nicht gefährdet.

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